Social Media Kommunikation: Ehrlich währt am längsten

In seiner November-Ausgabe berichtet das Monatsmagazin Datum über angebliche, breit angelegte Fälschungen von Beiträgen in Internetforen und Sozialen Medien durch eine in Wien ansässige Social-Media-Agentur. Ein klarer Verstoß gegen eines der unumstößlichen Gebote im Marketing*, das da lautet: Seien Sie aufrichtig!

Dabei handelt es sich bei dem Versuch der Manipulation der öffentlichen Meinung durch gefälschte Postings gewissermaßen um ein angekündigtes Foul, denn unter dem Titel „Wir machen Meinung“ heißt es auf der Website des inkriminierten Unternehmens: „Die Online-Welt wird zunehmend komplexer und eine gezielte Verbreitung einer Botschaft immer schwieriger. Zielführendes Online Reputation Management beziehungsweise Empfehlungsmarketing ist deshalb besonders wichtig. Wir bringen es auf den Punkt – durch gezieltes Auslösen von Kommunikation mit viralen Effekten. Unsere jahrelange Erfahrung und unser professionelles Team an Redakteuren helfen Ihnen dabei.“

Ein klarer Verstoß gegen die Prinzipien der Kommunikations-Ethik

Ein Schuss, der wie sich jetzt herausstellt, ordentlich nach hinten losgegangen ist. Aber nicht nur der eigenen Reputation, auch ihren Kunden hat die Agentur damit einen Bärendienst erwiesen und sich damit obendrein den Zorn des PR-Ethik-Rates zugezogen. Erkennt dieser in dem Vorgehen doch einen klaren Verstoß gegen die von ihm erst kürzlich erlassenen Prinzipien zur Kommunikations-Ethik in Sozialen Medien, die hier nachfolgend wiedergegeben  sind. Sie lauten:

1. Fairness

Gehen Sie mit kommunikativer Macht sorgsam um.

Menschen, die als KonsumentInnen oder BürgerInnen ihre Meinung ausdrücken wollen, haben mit den Sozialen Netzwerken ungeahnte Chancen erhalten. Ihre kommunikative Kraft ist markant gewachsen.

Alle KommunikatorInnen — Unternehmen und Organsisationen wie auch KonsumentInnen oder BürgerInnen — sind in der Pflicht, mit ihrer Macht sorgsam umzugehen und diese keinesfalls missbräuchlich einzusetzen beziehungsweise anderen zu schaden.

Angriffe oder emotionale Äußerungen können rasch eine Dynamik ungeahnten Ausmaßes lostreten und sich zu einem Sturm der Entrüstung (shitstorm!) entwickeln. Für alle gilt daher gleichermaßen: „Think before you post!“

2. Respekt

Respektieren Sie die Persönlichkeit und die Meinungen der NutzerInnen.

Menschen treffen Aussagen und setzen Handlungen in Übereinstimmung mit ihrem eigenen Wertesystem in ihrem jeweiligen Umfeld — auch in Sozialen Netzwerken, das ist zu respektieren.

Es bedeutet auch, dass andere NutzerInnen diese Aussagen nicht für andere Interessen beziehungsweise ihre eigenen Interessen missbrauchen dürfen. Zitate sollten nicht aus dem ihrem Zusammenhang gerissen werden, und die NutzerInnen mit ihren Botschaften und Meinungen nicht für andere Anliegen instrumentalisiert werden.

Ebenso dürfen Nutzerdaten ausschließlich für jene Zwecke verwendet werden, die der/dem NutzerIn ursprünglich vermittelt wurden. Für den Schutz seiner eigenen Privatshpäre trägt jedoch jeder selbst Verantwortung.

3. Verantwortung

Übernehmen Sie als Kommunikator die Verantwortung für den Inhalt einer Aussage. Jedoch verteilt sich die Verantwortung für die Dynamik in Sozialen Netzwerken auf alle, die daran mitwirken.

Die uneingeschränkte Verantwortung für Aussagen liegt beim Kommunikator. Einzige Ausnahme sind Kinder und Jugendliche, denen nur teilweise die Eigenverantwortung für ihre Aussagen zugeordnet werden kann.

Eine Mitverantwortung für die Dynamik der Diskussion in den Sozialen Netzwerken tragen aber auch jene NutzerInnen, die AUssagen wiedergeben. Neben „Think before you post“ gilt also auch: „Think before you share.“

4. Moderation

Unternehmen und Organsiationen mit einem eigenen Auftritt in Sozialen Netzwerken sind gefordert, den Meinungsaustausch in diesem Kommunikationsräumen (z.B. Facebook-Pages, Blogs mit Kommentarseiten) zu moderieren. Dabei ist jeweils zwischen der Freiheit individueller Meinungsäußerung der NutzerInnen und der Verantwortung für das eigene Unternehmen beziehungsweise die eigene Organisation abzuwägen.

Als Grundlage für den Diskurs sollte jedes Unternehmen praktikable Regeln für sich definieren und diese transparent machen, sodass Entscheidungen im Zuge der Moderation für die NutzerInnen nachvollziehbar sind.

5. Klarheit

Definieren Sie für Ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter Regeln und Anleitungen als Orientierungshilfe.

Klare Regeln für MitarbeiterInnen stecken deren Bewegungsspielraum ab — es empfiehlt sich, diese als Orientierungshilfe schriftlich zu verankern (als Guidelines oder „Netiquette“) und Schulungen dazu anzubieten. Die MitarbeiterInnen haben das Recht, in Sozialen Netzwerken zu kommunizieren und sich auch zu ihrer Arbeit beziehungsweise ihrem Arbeitgeber zu äußern — solange sie keine vertraulichen Informationen preisgeben und/oder dem Unternehmen Schaden zufügen. (Auch hier gelten die Regelungen des Angestelltengesetzes.) Gleichzeitig darf das Recht auf freie Meinungsäußerung nicht eingeschränkt werden.

Wesentlich ist dabei: Die MitarbeiterInnen sprechen über das unternehmen und nicht für das Unternehmen. Im Sinne der Klarheit sollten MitarbeiterInnen gegenüber anderen NutzerInnen ihr Verhältnis zum Unternehmen offenlegen.

6. Transparenz

Legen Sie Ihre Rolle als Kommunikator und Ihre Motivation offen.

Die Möglichkeit, im Internet zu kommunizieren, verleitet leicht dazu, Kommunikations- und Meinungsbildungsprozesse durch Verschleierung zu beeinflussen.

KommunikatorInnen von Unternehmen oder Organisationen hingegen sollten im Sinne ihrer eigenen Glaubwürdigkeit mit „offenem Visier“ agieren und ausschließlich mit ihrer wahren Identität auftreten. Sie sprechen in ihrem eigenen Namen für ihr Unternehmen und machen ihre Rolle in ihrem Unternehmen/ihrer Organisation transparent. Zudem sollten sie die Motivation offenlegen, die die Triebfeder für den Auftritt des Unternehmens/der Organisation in Sozialen Netzwerken ist.

7. Höflichkeit

Der Ton macht die Musik.

Dialog im Internet erfolgt ohne Blickkontakt mit dem gegenüber. Zudem bleiben die Gesprächspartner oft anonym. Auch dadurch hat sich in den Sozialen Netzwerken ein wenig formeller, verkürzender Umgangston mit ganz eigenen Begrifflichkeiten entwickelt. Vielfach verschwimmt die Grenze zur Unhöflichkeit. Dennoch sollten TeilnehmerInnen immer Wert auf einen respektvollen, höflichen Umgang legen und in dem Ton antworten, den sie selbst erwarten. Außerdem sollten sie Strategien entwickeln, wie sie mit der Unhöflichkeit anderer umgehen, ohne selbst den angemessenen Ton zu verlieren.

Ein klar formuliertes Verständnis über den erwarteten Gesprächsstil (etwa in Form einer „Netiquette“) macht die Haltung für alle Beteiligten nachvollziehbar.

8. Privatsphäre

Behandeln Sie Persönliches persönlich und Vertrauliches vertraulich.

In den Sozialen Netzwerken wird über Persönliches und Öffentliches gleichermaßen kommuniziert. Und es wird selten deklariert, was „persönlich“ und was „öffentlich“ ist. Trotzdem ist der Unterschied meistens aus dem Inhalt oder dem Kontext des Dialogs erkennbar.

Die KommunikatorInnen sollten diese Grenze respektieren und persönliche Kommunikation auch persönlich beziehungsweise vertrauliche Kommunikation vertraulich sein lassen. In letzter Konsequenz trägt jedoch jeder User/jede Userin dafür die Verantwortung, wie sie/er die Privatsphäre schützt und welche Informationen im Internet beziehungsweise in Sozialen Medien zu finden sind.

*) Ries, Al & Trout, Jack: Die 22 unumstößlichen Gebote im Marketing. Econ Verlag, 3. Auflage 1999.

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